Man muss eben Prioritäten setzen!

Man muss sich das mal vorstellen: Olympische Spiele und niemand merkt was davon.

Unvorstellbar? Naja...

Letztes Wochenende sind in Breslau die World Games zu Ende gegangen. Das ist so etwas wie Olympia für nicht-olympische Sportarten. Wobei das auch nicht ganz richtig ist, viele olympische Sportarten haben Teildisziplinen die bei Olympia nicht zum Zug kommen aber dafür bei den World Games vertreten sind wie z.B. das Feldbogenschiessen im Bogensport, oder Trampolin-Tumbling, um hier nur zwei zu nennen. Dazu kommen alte Disziplinen die früher einmal olympisch waren wie Tauziehen oder solche die 2020 in Tokyo dabeisein werden wie Sportklettern oder Surfen. Alles in allem bieten die World Games zehn Tage lang einen vielfältigen Mix an begeisterndem Sport von dem man annehmen sollte es sei aller Ehren wert dass er genug Beachtung findet.

Nach aussen hin sind das IOC und auch der DOSB derselben Meinung. Immerhin hat es sich selbst der Herr Bach nicht nehmen lassen, sich im Licht der World Games ein bisschen sonnen zu können, und der DOSB hat die Bedeutung der Spiele in höchsten Tönen auf seiner Webseite angepriesen. Schliesslich gibt er sich als offizieller Dachverband aller organisierten Sportarten in Deutschland. Erstmals wurde Fernsehpräsenz auf dem Olympischen TV-Kanal versprochen, in Deutschland übertrug Sport1.

Das war's aber dann leider auch schon mit der publikumswirksamen Herrlichkeit.

Mal ganz ehrlich: hat irgendjemand der nicht in irgendeiner Form sportverrückt ist, etwas von der Veranstaltung mitbekommen? In den beiden wichtigsten überregionalen deutschen Tageszeitungen, SZ und FAZ, stand genau - nichts! Auch das Blatt mit den vier fettgedruckten Buchstaben hat den Spielen nicht eine einzige Zeile gegönnt. Der oben erwähnte verantwortliche TV Sender Sport1 hat nur dann übertragen wenn es genehm war. Heisst: solange nicht zeitgleich eine noch bedeutendere Veranstaltung stattgefunden hat wie z.B. ein Regionalliga-Fussballspiel (immerhin 4. Liga!) oder ein internationaler Testkick in Singapur. Man muss eben Prioritäten setzen! Der alternative Livestream über die mobile App des Senders wurde so gut wie nicht beworben, ausserdem lief dort nur ein englischsprachiger Kommentar.

ein Olympiastützpunkt ist leider nicht für alle Spitzenathleten da
ein Olympiastützpunkt ist leider nicht für alle Spitzenathleten da

Wer in der Lage ist eins und eins zusammenzuzählen merkt schnell, es handelt sich hier - leider - um eine Veranstaltung zweiter Klasse. Und damit tut man nicht nur den Spielen selber Unrecht, sondern vor allem auch den Athleten die monatelang auf dieses Ereignis hingefiebert haben. Die sich wie die Schneekönige über ihre Nominierung gefreut haben - und über einen Medaillengewinn sowieso. Die für eine optimale Vorbereitung ihren Job oder ihr Studium zurückgestellt haben, die, wie jeder deutsche Kaderathlet, einem notwendigen aber bisweilen nervigen Antidoping Meldesystem unterliegen, bei dem sie wochenlang im Voraus angeben müssen wo sie wann anzutreffen sind um für die Kontrolleure erreichbar zu sein. Die stolz darauf sind bei internationalen Ereignissen ihr Land repräsentieren zu dürfen. Zum Dank dafür nehmen Fernsehen und Presse ihnen die Möglichkeit, andere für ihren Sport zu begeistern und diesen einem breiteren Publikum vorzustellen. Schlimmer noch: der allmächtige DOSB erlaubt ihnen noch nicht einmal, die Serviceleistungen der Olympiastützpunkte in Anspruch zu nehmen, denn die stehen nur "echten" Olympioniken und Paralympiern zur Verfügung. Denn genau wie Fernsehen und Presse, weiss auch die Dachorganisation des deutschen Sports: man muss immer Prioritäten setzen!

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Isabel Schneider

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